Freitag, 27. Mai 2011

Blast It!


Wenn man sich den Personenkult um Odd Future so anschaut (Tyler's Inszenierung als Gangleader, seine Werbespots und multiplen Pseudonyme, die Verschwörungstheorien zu Earl Sweatshirt, etc.), wirkt Shabazz Palaces fast wie ein spiegelsymmetrischer Gegenentwurf dazu. Das neue Projekt von Ishmael Butler aka Palaceer Lazaro, in jüngeren Jahren Mitglied der Conscious Jazz Rap-Combo Digable Planets, hüllt sich in einen Mantel des Schweigens. Keine Myspace oder Facebook Seiten, kaum Interviews und gegen Null gehende Eigen-Promotion. Bis auf die Tatsache, dass die Musik irgendwie aus Seattle kommt und Butler anscheinend den Löwenanteil der kreativen Arbeit verrichtet, weiß man eigentlich nichts über Shabazz Palaces.

Der angenehme Nebeneffekt dieser Informationsdürre ist, dass somit mehr Zeit und Platz bleibt, um tatsächlich über die Musik zu schreiben. Denn die ist im Fall von Shabazz Palaces, die vor zwei Jahren zwei EPs veröffentlichten und am 31. Mai ihren ersten Longplayer, Black Up, herausbringen, mehr als bemerkenswert. Ihr Sound ist ästhetisches Stilgebilde und politisches Statement zugleich. Warum sollte afrozentrische Musik nicht ultramodern klingen dürfen? Diese Frage zieht sich wie ein Mantra durch Black Up.

Das Album beginnt mit einer Sequenz von mystischen Chants über Handclaps, die nach 30 Sekunden förmlich weggeblasen werden von einer Dubstep-Bassline, der man eine Slim-Fast-Kur nur wärmstens ans Herz legen kann. Nach Butler's anti-authoritärem Opening Verse sind im Chorus die Chants dann wieder da und werden von den "I'm free" Parolen des Rappers komplementiert. Wieviel Hommage an Dead Prez (Let's Get Free) da mit im Spiel ist, überlasse ich der kollektiven Hörer-Interpretation. Wo dpz aber explizit politisch und konkret werden, schwelgen Shabazz Palaces dagegen weiter im Abstrakten - und entwickeln dabei Klangkonstrukte, die so noch niemand gehört hat. Hier trifft zwar Dubstep auf Hip Hop, aber so richtig Grime ist das nicht. Dafür ist Butler's Flow zu gechillt, zu viel retro-futuristischer Soul mit dabei. Die musikalische Vielschichtigkeit, sowie die Symbiose aus Afrozentrismus und Ultramoderne lässt sich wohl am besten auf dem soulvollen 1-2-Punch "Endeavors for Never" - "Recollection of the Wraith" ausmachen, wo wonky Neo-Soul, afrikanische Drums, Jazz und Boom Bap eine gemeinsame Schnittmenge bilden.

Textlich tritt Butler stets mit der Souverenität eines gestandenen Rap-Veteranen auf. Wenn er zum Beispiel auf dem Boxen-Blaster "Youlogy" rappt: "The lies are getting truer and the truth is getting brighter / Things are looking blacker, but black is looking whiter", dann zeigt er dabei ein feines Gespür für Anspielungen, Wortspiele und suggestiven Tiefgang. Die Lyrics lassen sich zwar nicht immer einwandfrei unter den massiven Beat-Gebirgen ausmachen, aber als Gesamtbild überzeugt Shabazz Palaces' afro-futuristisches Gemälde auf ganzer Linie. Mit gutem Grund sind die letzten Worte des Albums: "This shit is way too advanced."

Hier die erste Single von Black Up:

Shabazz Palaces - An Echo From The Hosts That Profess Infinitum by subpop

...und noch zwei etwas ältere Videos:


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