Dienstag, 4. Januar 2011

2010: Ein Nachtrag

Wenn man in den letzten Jahren über neue Wu-Tang Clan Releases gesprochen hat, waren knifflige Fragen vorprogrammiert. Wer mag wohl so alles auf der Platte drauf sein? Ist der Clan gut vertreten? Wer handled die Production? Steckt RZA dahinter? Ist er überhaupt dabei? Bei den ganzen Camp-internen Beefereien kam man sich als außenstehender Beobachter manchmal vor wie bei einer (zugegebenermaßen ziemlich Hood-geflavoreden) Seifenoper. Mal wurden selbst die höchsten Erwartungen noch übertroffen (Raekwon's Only Built 4 Cuban Linx 2), mal waren sowohl der Hype, als auch die anschließende Enttäuschung groß (Meth, Ghost & Rae - Wu-Massacre) und mal fiel ein gutes Release bedauerlicherweise fast gar nicht auf (Wu Tang Chamber Music).

Auch Ghostface Killah's Soloscheiben sind mit der Zeit unberechenbarer geworden. Nachdem er sechs Jahre gebraucht hatte, um mit Fishscale an die Qualität seines 2000er Classics Supreme Clientele heranzukommen, gab es vier Jahre lang nur halbherzige Releases vom Iron Man aufgetischt. Im letzten Jahr machte er dann noch als Ghostdini einen Ausflug in die Pop Rap / R&B Welt, was viele treue Anhänger ziemlich verstörte und unter ihnen Zweifel über Pretty Toney's geistliche Gesundheit aufkommen ließ.
Apollo Kids ist wieder so ein Album, das Fragen aufwirft. Beim Anblick der Tracklist völlige Verwirrung über was zu erwarten ist. Jim Jones? The Game? Fabolous auf einem Pete Rock Beat? Who the fukk is Frank Dukes? Andererseits aber auch Black Thought, GZA, Killah Priest, Joell Ortiz und ein Track mit Raekwon, Redman & Method Man, produziert von Jake One. Yin und Yang liegen beim Ghostface Killah bekanntermaßen eng beieinander...

Na und wat passiert? Ick bleibe glatt mal zwei Tage hintereinander uff dem Ding hängen. Der Opener, "Purified Thoughts", ist ein waschechter Wu-Banga und zieht den Zuhörer sofort auf die Seite des Interpreten. Krachende Boom-Bap Drums, soulige Samples und Lines wie "Big pots of jasmine tea with Mandela / Africans chantin' me on like Coachella / Ghostface bom-ba-ye, Kumbaya my Lord / My death day 24 karat tomb I lay". So setzt Ghostface den Ton für seine Inszenierung als crackdealender Sweet-Soul-Brotha, der er im weiteren Verlauf auch vorwiegend treu bleibt. Auch "Ghetto", mit den Wu-Tang Veteranen Raekwon, Capadonna und U-God, zeichnet sich aus durch das smooth geflippte Marlena Shaw Sample (how 'bout that bassline?!) einerseits und auf der anderen Seite pures Hardcore-Braggadocio wie Capadonna's "We make bread in the ghetto by sellin' that crack / Some niggas'll make bread by bustin' a gat".

Diese Ambivalenz hält das Album zusammen und treibt es voran. Auch kleine Durchhänger wie die Hook auf "How You Like Me Baby" bewirken keinen Bruch - und das obwohl es direkt auf eines der absoluten Highlights folgt: "In Tha Park" mit Black Thought, eine der feinsten Oden an Hip-Hop, die mir geläufig sind. Original raw shit.
Weitere Standouts sind die All-Star Lineup auf "Troublemakers", die hält, was sie verspricht (Redman: "My eyes lookin' like I learned how to sky dive") und "Drama", mit seinem fast 2 Minuten langen Part von The Game, auf dem er offensichtlich sein Herz ausschüttet und somit dem überragenden Joell Ortiz fast noch die Show stiehlt.

Für Ortiz, einer der wenigen Hoffnungsträger im aktuellen Rapgeschäft, gilt es in den nächsten Jahren zu beweisen, dass er aus seinem Potenzial tatsächlich etwas machen und der mittlerweile kargen Hip-Hop-Landschaft einen Qualitätsboost verleihen kann. Ghostface Killah hat das schon unzählige Male getan. Nun ist es ihm wieder gelungen. Vielleicht ein letztes Mal...




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